Der Nagel an dem die Welt hängt

Mir fehlt etwas. Schon seit Wochen. Nein, dieses Mal ist es nicht der Mangel an Zeit oder Motivation, der mich am Weiterschreiben hindert. Mir fehlt ein Anker. Was eine schöne Metapher ist, da es in der Szene, an der ich scheitere, um Arkahl geh, der zum ersten mal in Königskinder als das agieren darf, was er wirklich ist: als Kapitän.

 

Land in Sicht

An sich ist alles geklärt: was soll passieren, wer ist daran beteiligt. Ich kenne das Setting und die Figuren und ich weiß, wohin es führen soll. Und trotzdem komme ich einfach nicht weiter, weil mir dieser eine kleine Moment fehlt, der Satz, die Geste, um die sich alles dreht, die ich in meinem Kopf immer und immer wieder wiederhole, durchspielen, vielleicht sogar variiere und ergänze.
Ich brauche solche Ankerpunkte, um die herum ich meine Szenen aufbauen kann. Teilweise geht das soweit, dass ich schon in der ersten Zusammenfassung meines Plots Dialoge oder einfach nur Aussagen festhalte und mich beim Schreiben dann mühsam darauf hin arbeite. Solche Ankerpunkte geben mir Motivation. Und sie geben mir eine Struktur vor.

 

Fixsterne

Ich habe inzwischen angefangen, anhand solcher Ankerpunkte zu plotten. Ich nehme einen Zeitstrahl, trage die Fixpunkte in etwa dort ein, wo sie in der Handlung hingehören, und baue dann den Rest des Plotes darum herum auf. Ich arbeite auf diese Ankerpunkte zu und davon weg.
Und sie geben mir einen Teil des Settings vor. Ich muss herausfinden, welche Umstände meine Figuren zu ihren Aussagen und Handlungen bringen, welche Hintergründe in und um sie dafür verantwortlich sind.
Meist sind es auch genau diese Punkte, um die sich die Wendungen der Geschichte ergeben, die allem plötzlich eine ganz neue Richtung geben.

 

Feinjustierung

Dabei sind es wirklich manchmal nur winzige Sachen, die sich mir fest einbrennen – die Haltung einer Hand, wie jemand sich bewegt, in welchem Tonfall etwas gesagt wird. Der Trick bei der Arbeit mit solchen Dateils ist es, nicht sie selbst so aufzublähen, dass sie mehr Raum einnehmen als notwendig. Sie sind für mich als Autor wichtig. Für den Leser zählt mehr, was ich daraus mache. Dabei kann es sein, dass diese Ankerpunkte im Text sogar untergeht.
Aber genau dafür sind Anker ja gemacht. Nur so geben sie Halt. Nicht nur mir, sondern auch den Lesern. Denn die merken sehr schnell, ob eine Szene vom Autor mit Herzblut und Motivation geschrieben wurde oder nicht, ob sie einen inneren Kern hat, um den sich alles dreht, der alles antreibt. Sie können vielleicht nicht genau benennen was das ist, aber umso fesselnde ist die Wirkung. Und manchmal kann es sein, dass auch einer von ihnen dieses kleine Kribbeln im Hinterkopf spürt, wenn er genau diese eine Stelle liest, aus der die Szene oder vielleicht sogar die ganze Geschichte gewachsen ist.

 

Haltlos

Was aber tun, wenn es solch einen Fixpunkt einfach nicht gibt? Im Moment bin ich da noch ratlos. Ich sitze da und versuche mir einen einfallen zu lasse, oder besser: ihn zu finden. Denn normalerweise liegen sie im Wesen der Geschichte und der Figuren eingebunden.
Womöglich ist das gerade mein Problem, dass ich zum einen Arkahl von einer ganz anderen Seite zeigen will als ich es bisher getan habe, und zum anderen eine Figur auftaucht, die bislang nur eine sehr kleine Rolle gespielt hat, nur, um jetzt gleich in ihr Verderben zu rennen. Wie soll man sie da noch gut genug kennen lernen, um mit ihnen zusammenarbeiten zu können?

 

Übers weite, offene Meer

Eine Lösung könnte es sein, sich den nächsten Fixstern zu suchen und danach zu navigieren. Glücklicherweise liegt der gar nicht mal soweit entfernt. Schon im folgenden Kapitel gibt es den nächsten Anker, einer der Momente, die Arkahl als Charakter definieren. Mir fehlt nur die Kette aus Ereignissen und Entscheidungen, die mich damit verbindet.
Das ist ein Punkt, an dem ich nicht auf Wunder und Inspiration hoffen darf, sondern mich als echter Autor beweisen muss. Hier sind nämlich handwerkliches Geschick und solides Sich-selbst-in-den-Hintern-treten gefragt.

 

Bild: www.nasa.gov

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