#7 | Ashuraya

Furgam drehte sich um und sah auf die Ladung, wie als bemerke er sie zum ersten Mal. “Das? Oh nur ein paar … Dinge. Handelsware. Dieses und jenes. Nichts verwerfliches. Weißt du, in Braban bekommt man ziemlichen Ärger, wenn man versucht Hefte mit schmutzigen Bildchen in die Stadt zu schmuggeln. Hab das mal versucht. Dumme Idee. Mach’ ich nicht noch einmal. Nee du, ich bin jetzt ein ehrlicher Kerl. Hiermit ist alles in Ordnung.”
Halt die Klappe!
“Aufmachen”, verlangte der Alb.
Furgam verdrehte die Augen und stöhnte laut. “Hast du ‘ne Ahnung wie lange wir gebraucht haben, bis das Ding zu war?”
Sei endlich still, Idiot!
“Aufmachen!”
Mit einem Ächzen schob Furgam sich von seinem Sitz herunter. Er zog umständlich seinen Gürtel zurecht, strich sich das fettige Haar glatt und latschte dann langsam an dem Wächter vorbei zur Rückseite des Karrens. Er begutachtete die Kiste ausführlich und seufzte. “Wir haben das Ding ziemlich gut zu gemacht, weißt du. Nägel und alles. Müsste es erst wieder aufbrechen.”
“Dann tu’ es”, forderte der Alb ihn auf.
Furgam kratzte sich am Kopf. “Was hältst du davon, Freundchen: wir lassen das alles schön so wie es ist, und ich schau’ nach, ob ich noch ein paar von den Heftchen habe, die ich damals nach Braban …”
Provozieren sie nicht, du Narr!
Eine scharfe Klinge blitzte direkt unter Furgams immer noch geschwollener Nase auf. “Mach die Kiste auf, Mensch, oder ich schlitze dich auf.”
“Ja, ja.” Furgam hob die Hände. “Nichts für Ungut. Wusste ja nicht, dass Weiber nicht so dein Ding sind.”
Marjella konnte nur knapp ein entsetztes Stöhnen unterdrücken.
In den dunklen Augen des Alb funkelte es gefährlich. Furgam drehte sich um und stieg auf die Ladefläche, suchte nach einem Brecheisen. Er hantierte mit viel Stöhnen und Brummeln herum, fluchte, schwitzte und spuckte immer wieder aus. Die Mienen der Alben wurden zorniger. Marjella Hände schlossen sich fester um die Zügel. Ihr Pferd spürte die Anspannung, schnaubte verwirrt.
Schließlich richtete Furgam sich auf, hielt sich den Rücken und jammerte: “Ja also das haben die Jungs gut hinbekommen – das bewegt sich kein Stück.” Er kletterte vom Karren und drückte einem der Alben die Eisenstange in die Hand. “Probier du das mal. Ich hab keinen Saft mehr.”
Inzwischen waren auch die anderen Wächter dazu gekommen. Sie umringten Furgam, überragten ihn alle um ein ganzes Stück. Er stand da und lächelte freundlich. “Mann, ihr seid echt beeindruckend, wisst ihr das, Jungs? Hab ja nie geglaubt tatsächlich mal her zu kommen. Man hört überall so viel von euch und denkt sich: oje, oje, mit denen will ich’s nicht zu tun bekommen.” Er sah zu den Kriegern auf und zwinkerte. “Sagt mal, stimmt das: wenn man euch den Zopf abschneidet, fällt der Schwanz auch gleich ab?”
Das war’s.
Furgam wurde gegen die Seite des Karrens geschmettert und einer der Alben schlug ihn mit geballter Faust ins Gesicht. Marjellas Hand löste sich vom Zügel, glitt in Richtung ihrer Messer. Der alte Kopfgeldjäger murmelte etwas Undeutliches und spuckte Blut aus.
“Elendes Menschenpack!”, fauchte einer der Wächter. “Etwas widerwärtiges wie dich sollte ich kastrieren, damit es sich nicht vermehrt.”
Alle Klingen der Alben waren auf Furgam gerichtet. Marjella durchbohrte ihn mit Blicken, bemüht die Ruhe zu bewahren. Sie durfte nicht eingreifen. Aus den steinernen Gebäude um sie herum waren misstrauische Blicke auf die Szene am Tor gerichtet. Marjellas feine Sinne nahmen das sanfte Singen gespannter Bogensehnen wahr.
Alter Narr. Warum musst du immer auf Risiko spielen? Du bist zu alt für so etwas. Oder vielleicht bist du so alt, weil du so eine Nummer durchziehen kannst. Keiner sonst kann das, verdammter Haudegen.
Zwei Alben sprangen auf die Ladefläche des Karrens. Sie hoben ihre Hellebarden und schlugen auf die Kiste ein. Das Splittern des Holzes hallte schaurig zwischen den Häusern hin und her.
“Na, jetzt übertreibt ihr’s aber”, beschwerte sich Furgam. “Das war nicht nötig.”
Ruhe! Du übertreibst es sonst noch.
Eine Klinge wurde gegen seinen Hals gepresst, während die Wächter auf dem Karren die Trümmer bei Seite schoben. Darunter kam Stroh zum Vorschein und darin eingebettet lagen mehrere Schwerter und Dolche. Es waren Albenwaffen, deren dunkles Metall im trüben Licht Fairan at Darnens seidig schimmerte.
“Schmuggler”, fauchte einer der Alben auf dem Karren.
Der andere beugte sich vor und zog ein Papier aus den Überresten der Kiste hervor. Er las es und schüttelte den Kopf, stieß dann seinen Begleiter an und sie sprangen wieder vom Karren herunter.
Der Wächter hielt Furgam das Papier unter die Nase. “Warum war das in der Kiste? Diese Dokumente hättet ihr uns vorlegen müssen.”
“Ach so!” Furgam schlug sich mir der Hand an die Stirn. “Ich dachte sie müssen immer bei der Ware sein, also haben wir sie mit eingepackt, damit sie nicht abhanden kommen. Man weiß ja nie, was für Gestalten sich auf der Straße herumtreiben.”
Der Alb beugte sich vor, musterte Furgams unschuldige Miene mit zornigen Blicken. Dann zischte er: “Du stinkst, du bist arrogant, unflätig und ganz offensichtlich auch dumm.” Er drückte Furgam das Papier in die Hand. “Verschwinde. Sofort. Komm nicht wieder. Sage den anderen deiner Art, sie sollen sich von uns fern halten.”
Furgam hob die Schultern. “Schade. Ihr könntet echt was an uns verdienen. Menschen machen gerne Urlaub. Und hier ist es … wie sagt man? Piti … pati …”
Pittoresk! Verdammt, hör auf!
Marjella atmete endgültig auf, als die Wächter sich umdrehten und die Menschen passieren ließen. Furgam hievte sich wieder auf den Karren, nahm die Zügel und schnalzte mit der Zunge. Der kleine Tross setzte sich in Bewegung, zog unter den finsteren Blicken der Alben davon und ließ Ashuraya hinter sich.

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